Die große Pflegereform der Bundesregierung könne zum Rohrkrepierer werden, wenn die Pflegefachkräfte nicht auch besser bezahlt werden. Davor warnte kein geringerer als Karl-Josef Laumann, Pflegebeauftragter der Bundesregierung, bei der Veranstaltung „GKV live“ am Dienstagabend in Berlin. „Die Stimmung in der Pflege ist sehr schlecht. Das muss uns große Sorge machen, weil wir jedes Jahr zwei bis drei Prozent mehr Aktive in der Pflege benötigen“, sagte Laumann. An die Vertreter der Pflegekassen gerichtet forderte er: „Ich finde, Sie sollten bei Pflegesatzverhandlungen einmal die Tariflohnsteigerungen zur Basis nehmen.“ Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff werde keine Verbesserung in den Heimen bringen, wenn das Personal nicht besser bezahlt werde.
Auch die Länder und Kommunen nahm Laumann in die Pflicht. Die Pflegeversicherung sei eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Aber die Länder und Kommunen hielten sich nicht an ihre Zusage, angemessen für die Finanzierung der Pflegeinfrastruktur aufzukommen. Aufgabe der Sozialen Pflegeversicherung ist in erster Linie die Finanzierung der laufenden Kosten, nicht die der Investitionen.
Der Geschäftsführer des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Gernot Kiefer, lobte das Reformprogramm der Bundesregierung. Es sei nicht alltäglich, dass ein Sozialversicherungszweig zusätzliche sechs Milliarden Euro erhalte. Kiefer: „Ja, es ist ein beträchtlicher Schritt, die Mittel in diesem Umfang aufzustocken, aber natürlich kann man mit einem Gesetz die Unterlassungen der vergangenen Jahre nicht wettmachen.“
Auch der Deutsche Pflegerat (DPR) begrüßt die geplante Leistungsdynamisierung der Pflegeversicherung um vier Prozent. Anlässlich der gestrigen Sitzung des Gesundheitsausschusses zum 5. SGB XI Änderungsgesetz betonte Präsidiumsmitglied Thomas Meißner allerdings, die Dynamisierung könne den eingetretenen Realwertverlust der Leistungen seit 1995 nicht ausgleichen. Dieser liege bei rund 20 Prozent. Damit setze sich der Trend des steigenden Eigenanteils bzw. der steigenden Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen fort. Das aber widerspreche dem ursprünglichen Ziel der Pflegeversicherung.
Eckart Bomsdorf, Sachverständiger der Universität Köln, kritisierte, dass die erste Anpassung zur Dynamisierung der Leistungsbeiträge auf 2015 verschoben worden sei und nicht wesentlich früher begonnen habe. Zudem müsse nunmehr festgelegt werden, welche Größe als Dynamisierungsindex dienen soll. Ein Automatismus sei zweckdienlicher als eine Fall-zu-Fall-Verwendung unterschiedlicher Größen. Diese könne vielmehr als Anpassung je nach Kassenlage missverstanden werden.
Quelle: https://www.station24.de